Neulich war ich mit einem Bekannten auf einer kleinen Wanderung. Der Wetterbericht hatte ein regenfreies Zeitfenster von einigen Stunden prophezeit, deshalb hatten wir es gewagt. Kurz nach der Mittagsrast begann es zu regnen, obwohl der Regen laut Prognose erst gegen 18 Uhr einsetzen sollte. Unter dem ausladendem Dach einer kleinen Hütte beim Rastplatz fanden wir Schutz.
Mein Wandergefährte zückte das Handy und studierte die Wetter-App. «Es wird in fünf Minuten aufhören, dann scheint sogar ein bisschen die Sonne», sagte er. «Kaum», erwiderte ich. «In der Natur ist gerade etwas anderes im Gang als auf deiner App. Sieh nur diese Wolken, so schnell werden wir die nicht los. Am besten ziehen wir die Regenjacken an und machen uns wieder auf den Weg, es hat keinen Sinn zu warten.»
Der Bekannte schaute weiterhin gebannt aufs Display. «In fünf Minuten, garantiert», beharrte er. «Meinetwegen, dann warten wir halt», gab ich nach. «Aber wenn es in fünf Minuten noch immer regnet, ziehen wir los.»
Nach fünf Minuten regnete es noch immer, womöglich noch stärker als zuvor. «Okay, dann gehen wir halt, der Regen dauert laut App sowieso nur noch ein Minute», meinte mein Begleiter. Ich zog das Regenzeug an. «Und du? Du hast doch auch eine Regenjacke dabei, oder?», fragte ich. Er nickte. «Klar, aber ich brauche sie nicht, es hört ja bald auf zu giessen.»
«Wie du meinst», sagte ich. Wir zogen los, ich in Regenjacke und wasserdichter Hose, er im luftigen Spätsommertenü, das bereits nach wenigen Minuten völlig durchnässt war. «Laut Handy müsste der Regen jetzt vorbei sein», sagte er.
Um es kurz zu machen: Eine gute Stunde später erreichten wir den Bahnhof des Zielortes, er zum Auswringen nass, ich einigermassen trocken. Es hatte ununterbrochen geregnet. Die Moral von der Geschicht’? Die könnt ihr euch denken.