Es lebe der Kaiser!

Mal ein bisschen Kate und Meghan, dann ein bisschen William und Harry. Eine Prise Juan Carlos, ein Schuss Victoria von Schweden und viel, viel Charles und Queen: Royales Blut sickert immer wieder in den medialen Blätterwald ein, zu unserer allgemeinen Unterhaltung, Erbauung und manchmal auch leisen Belustigung.

 

So allgegenwärtig sie sind, so schwach sind sie aber auch geworden, die gekrönten Häupter und blaublütigen Leiber: Kaiser nennt sich schon längst keiner mehr. Die alten Kaiser hatten Macht, die heutigen Könige bloss ein bisschen Pracht; im Übrigen müssen sie sich den Beschlüssen ihrer Parlamente beugen wie jeder andere Bürger auch. Ob sich das mal wieder ändern wird, irgendwann im Lauf der Weltgeschichte?

 

Die Möglichkeit besteht. Es gibt mehr von diesen Schwärmern, als man meinen könnte: Royalisten, Caesaristen und Zaristen. Politische Romantiker, die sich einen souverän regierenden König oder Kaiser zurückwünschen und mit ihm die ständische und feudale Gesellschaft. Die Gesellschaft der guten alten Zeit, als noch Struktur und Ordnung herrschten. Als durch Geburt vorherbestimmt war, wer an welchen Platz gehörte. Wer etwas zu sagen und wer zu schweigen hatte.

 

Dieser Glanz betört noch heute – der Glanz der Zaren in ihren eisklirrenden Palästen, voll von Gold und Lapislazuli. Die Macht des französischen Sonnenkönigs in seinen symmetrischen Riesengärten. Die gediegene und sanfte Würde der österreichischen Doppelkrone. Der Schneid der deutschen Pickelhaube über dem gezwirbelten Schnurrbart von Kaiser Willem Zwo… Und dann der beflügelnde Mythos des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Ich gestehe: Auch ich kokettiere gelegentlich mit der Glorie der alten Imperien und deren Herrschern von Gottes Gnaden.

 

Ich hoffe, dass das niemanden befremdet oder gar entsetzt. Jeder hat so seine kleinen Abgründe, oder nicht? Der eine schwärmt für Francine Jordi, der andere für Eminem, und ich, ich habe es halt mehr mit Iwan dem Schrecklichen.

 

Ich bin meiner Sache allerdings nicht mehr so ganz sicher. Neulich offenbarte ich meine kleine royale Perversion mutig einem Berufskollegen, der sehr links tickt. Er hörte sich meine erzkonservative Schwärmerei an und erwiderte nüchtern: «Die Ständegesellschaft des Mittelalters mag damals ihre Berechtigung gehabt haben. Das absolutistische Regime der Gnädigen Herren von Bern auch. Aber eines musst du wissen: Wenn du und ich im alten Bern leben würden, dann wären wir beide jetzt nicht Journalisten. Wir könnten nicht einmal schreiben, denn wir hätten keine Schule besucht. Wir wären Knechte. Du würdest die Pferde eines Patriziers striegeln, und ich würde sein Familiensilber polieren.»

 

Da hatte ich’s. Und er, er hatte natürlich recht. Ich hätte es mir sogar selber denken können. Seither sehe ich mich in meinen rückwärtsgewandten Tagträumen nicht mehr als Duke of Hairmun im Gefolge von Königin Elisabeth I. oder als Bojar im Heiligen Mütterchen Russland der Zaren. Sondern als ausgebeuteter, getretener und geschundener Untertan ohne das Recht, auch nur zu atmen, wenn ein Freiherr mit mir spricht.

 

Ich bin aber akut rückfallgefährdet. Auf Youtube habe ich soeben eine interessante Dokumentation über eines der mächtigsten Herrschergeschlechter entdeckt, die jemals auf Erden regierten. Diesen Film führe ich mir demnächst zu Gemüt. Mal sehen, was die so drauf hatten, die Habsburger mit ihrer vererbten vorgeschobenen Unterlippe. Da geht es um Macht, Adel, Stolz, Glanz… Ich fiebere dieser Herrlichkeit schon jetzt freudig entgegen.

 

Übrigens: Es könnte sein, dass die Welt demnächst, nach hundertjähriger Unterbrechung, endlich wieder einen Kaiser hat: Caesar Donaldus Trumpius, Imperator Maximus Americae. Wenn nicht etwas Unvorhergesehenes geschieht... Manchmal nimmt die Geschichte überraschende Wendungen.